Verbundstofffreie Innenwand

Regenerativ / Umbauen



Konzept
Weitestgehend verbundstofffrei Ausbauen
Projekt
Ausbauhaus Südkreuz
Programm           
Wohnen & Gewerbe
Ort
Gotenstraße 45
10829 Berlin-Schöneberg
Größe
BGF 2.200 m2
Wohneinheiten
18
Leistungen
Konzeptverfahren & LP 1-8
Bauherren
Baugruppe Südkreuz GbR
Konstruktion              
Holz-Beton-Hybridbauweise, Holzständerwerkfassade mit vorgehängter Bretterverschalung
Kreislaufgerechter Ausbau

Nachhaltigkeit
KfW 40




Die erste 100% sortenrein rückbaubare Zimmerwand aus nachwachsenden Rohstoffen.

Für Jahrzehnte hat die Bauindustrie daran gearbeitet, den Energieverbrauch unserer Gebäude zu reduzieren. Inzwischen können wir das Energieproblem durch den Einsatz erneuerbarer Energien lösen. Die Materialen aber, die wir heute beim Bauen massenhaft verbrauchen, sind die große Herausforderung der Zukunft, denn sie sind endlich. Rund 750.000 Tonnen Bauabfälle auf Gipsbasis fallen jährlich in Deutschland an. Ein hochwertiges Recycling und eine Wiederverwendung findet bisher nicht statt. Wirklich klimafreundliches Design schafft Lösungen aus nachwachsenden Rohstoffen, die keine Emissionen verursachen und nach ihrer Nutzung keinen Abfall hinterlassen.

Je kurzlebiger ein Bauteil ist, desto nachhaltiger muss es sein! Die Materialien sind gesteckt, gelegt, geschraubt und gefügt. Die Innenwand kann einfach demontiert, die Materialschichten abgeschraubt, gestapelt und an anderer Stelle wieder eingesetzt werden.

Der Innenausbau von Wohn- und Büroräumen als kurzlebigster Teil unserer Gebäude muss zukünftig emissionsfrei und rückbarbar hergestellt werden. Im Wohnprojekt Ausbauhaus Südkreuz, Berlin (2022) wurde der Ausbau weitestgehend verbundstofffrei und mit nachwachsenden Baustoffen umgesetzt. Die trocken montierbare Holzständerwand wurde hier eigens für die Zimmerwände der Wohnungen entwickelt. Das Pionierprojekt in Berlin zeigt vorbildhaft, wie der einfache Umbau von tragwerkunabhängigen Bauteilen oder bei einer Modernisierung, eine sortenreine Trennung der Materialien, praktisch möglich ist.



Lebenszyklusgerechtes Bauen / Gebäude als Materiallager konstruieren
Ähnlich wie im Vorgängerprojekt Ausbauhaus Neukölln wurde auch im Ausbauhaus Südkreuz der Ausbau durch wechselnde Nutzer in den Mittelpunkt gestellt. Ging es im Ausbauhaus Neukölln um das kosteneffiziente Haus (industrielles Betonregal mit flexiblem, individuellem Ausbau), wird beim Ausbauhaus Südkreuz die Kosteneffizienz auf den gesamten Lebenszyklus des Hauses und damit auf die Rückbaubarkeit und die Wiederverwendung der Baumaterialien übertragen und erweitert (Haus als Materiallager). Denn Neubauten von heute werden in Zukunft nicht mehr abgerissen und entsorgt, sondern dienen als wertvolles Materiallager, welches materialbewusst modernisiert oder umgebaut werden kann. Darum sind die Bauelemente des in Holzhybridbauweise errichteten Gebäudes adäquat zu ihrer erwartbaren Lebensdauer eingesetzt. Das bedeutet: Je kurzlebiger die Bauteile des Gebäudes sind, desto eher müssen sie wiederverwertbar und umso einfacher demontierbar sollten sie sein.

Langlebige robuste Tragstruktur
Die im dichten urbanen Kontext positionierte dauerhafte Tragstruktur (Brandwände, Decken, Erschließungskern) ist aus Stahlbeton errichtet. Dies ermöglicht auf Dauer eine hohe Nutzungsflexibilität der überspannten Einheiten sowie den einfachen Umbau von tragwerk-unabhängigen Bauteilen. Um kostengünstig zu bleiben, werden viele Betonoberflächen der Rohbau-Konstruktion auch roh belassen.



Rückbaubare Fassade
Die Fassade ist als rückbaubare und recycelbare Holzkonstruktion ausgeführt. Ein Holzständerwerk mit Hinterlüftungsebene (Konterlattung) nimmt die Holzfaserdämmung (gesteckt) sowie die vorvergraute Lärchenschalung (verschraubt) auf. Den Abschluss zum Innenraum bildet die freistehende Vorsatzschale mit Holzplatten als Sichtflächen.

Bei Bedarf können einzelne Bauteile abgeschraubt, repariert oder auch ersetzt werden.

Die Fassade wirkt durch den umlaufenden Austritt und aufgrund der konsequent bodentiefen Holzfenster im Wechsel mit der vorvergrauten Lärchenschalung farblich gedeckt und zurückhaltend. Die rötlichen Sonnenschutzvorhänge (Low-Tec-Textilien aus der Landwirtschaft) schaffen dazu ein lebendiges Fassadenbild, das durch Bewohner:innen individuell bestimmt wird. Hier drückt sich das gemeinschaftliche Wohnprojekt nach außen aus.



Umbaufähiger, verbundstofffreier Innenausbau
Der Innenausbau ist in der Regel der kurzlebigste Teil eines Gebäudes, da sich Lebensumstände und Nutzungen schnell ändern können. Darum wurde, entgegen der üblichen Praxis, im Ausbauhaus Südkreuz der spätere Umbau bereits mit eingeplant und der Innenausbau der Wohnungen als trockene und möglichst verbundstofffreie Konstruktion aus nachwachsenden Rohstoffen, ohne Verkleben und Verspachteln von Materialschichten, ausgeführt. Die Materialien werden sicht- und lösbar verschraubt, gelegt, gesteckt und können demontiert und an anderer Stelle neu eingesetzt werden. Oberflächen bleiben vorzugsweise unbehandelt oder werden wohngesund lasiert. Somit können die einzelnen Bauteilschichten ausgebaut, abgeschraubt, gesammelt und individuell vom Nutzer selbst eingesetzt und aufgearbeitet werden.


Innenwand als trocken montierte Holzständerwand
Für die Zimmerwände in den Wohnungen wurden im Ausbauhaus Südkreuz trocken montierbare Holzständerwände entwickelt, deren Beplankung und Ausdämmung aus nachwachsenden Holzwerkstoffen besteht und die verbundstofffrei errichtet werden können. Die einfachen Trennwände stehen auf dem Rohboden, da der Fußbodenaufbau schwimmend verlegt ist. Die Wände lagern entkoppelt federnd auf den Holzständern mit verbindenden Kanthölzern und sind mit Holzfaserdämmung ausgedämmt. Schwere 27 Zentimeter dicke Holzplatten bilden die Oberfläche der Innenwände. Die Platten werden lediglich mit einer Öko-Lasur mit geringer Weißdeckung behandelt (UV-Schutz).


Verbundstofffreier Fußbodenaufbau
Basis des verbundstofffreien Fußbodens ist ein trocken montierter Aufbau. Der Schichtaufbau besteht aus einer trockenen, ungebundenen Ausgleichsschüttung aus mineralisch ummantelten Holzspänen, die die Eigenschaften einer gebundenen Schüttung mitbringt und auf der Betondecke für Ausgleich sorgt, sowie einer Holzfaserdämmplatte, einem Heizungssystem auf Holzfaserbasis mit Wärmeleitblechen und einer Trockenestrich-Platte als Trittschall, auf der der Nutzbelag (Mehrschichtdiele Eiche als Klick-Parkett) verlegt wird. So entsteht ein einfach anpassbarer und sogar wiederverwendbarer Bodenaufbau.